Die Ressource Wissen: Was tun, wenn sie nur verstreut vorhanden ist?
Interview mit Eva Bischoff
Inhaltsübersicht:
- Enterprise Information Management: Was steckt hinter der Bezeichnung?
- EIM – Wie kann ein strategisches Vorgehen aussehen?
- Reichen ECM- oder DMS-Lösungen als Software nicht mehr aus?
- Ist EIM nichts anderes als ECM 2.0?
- Mit EIM von der Akte zum Wissen
- DMS, ECM und EIM sind nicht auf einen Wirtschaftszweig beschränkt
Eva Bischoff, Geschäftsführerin von BCT Deutschland, erklärt im Interview den Trend Enterprise Information Management und wie Unternehmen vorhandene Informationen verfügbar und – noch wichtiger – tatsächlich nutzbar machen können.
wm: Frau Bischoff, es geistert ein neues Schlagwort durch die Geschäftswelt: Enterprise Information Management. Was genau steckt hinter der Bezeichnung und dem Kürzel EIM?
Eva Bischoff: Ein neuer Marktbegriff signalisiert immer, dass eine Entwicklung stattgefunden hat oder sich gerade abzeichnet. Neue Denkweisen, neue Perspektiven auf scheinbar Bekanntes benötigen entsprechend eine neue Begrifflichkeit – nur wenn ich etwas benennen kann, kann ich darüber sprechen! Bei EIM geht es um die Erkenntnis, dass es Informationen sind, die unverzichtbare Hinweise für das Unternehmenswachstum liefern. Entscheidungen kann man nur auf Basis validen Inputs treffen! Und diese Informationen müssen effektiv gemanagt werden, wollen sie für das unternehmerische Wissen nutzbar gemacht werden. Nur so erhalten Management und Corporate Governance die notwendigen Grundlagen für Führung und Controlling. Damit ist EIM vor allem ein strategisches Vorgehen, das einen ganzheitlichen Blick ermöglicht. Ein Vorgehen zu dem Zweck, alle Informationen in einem Unternehmen jederzeit ortsunabhängig verfügbar zu haben – und zwar zugeschnitten auf den jeweiligen Nutzer. Denn dann entsteht Wissen, immerhin der Wettbewerbsfaktor Nummer eins in Mitteleuropa!
wm: Wie kann ein solches strategisches Vorgehen aussehen?
Bischoff: Zunächst einmal müssen die unternehmerischen Ziele definiert werden. Wie gestalten Betriebe ihr Wachstum oder – Stichwort: Business Transformation – wie reagieren sie auf die immer schneller werdenden Veränderungen am Markt? Durch neue Produkte, eine optimierte Kundenkommunikation oder effizientere interne Abläufe? Oder vielleicht sogar mit einem Mix aus diesen Maßnahmen? Klar ist: Diese Ziele müssen die zu entwickelnde Software diktieren – nicht umgekehrt. Wichtig ist daher, Unternehmensführung, IT und – je nach Bedarf – einen verantwortlichen Prozessmanager gleichermaßen in die Analyse mit einzubeziehen. So kann aus den formulierten Zielen der wirkliche Bedarf herauskristallisiert werden. Wie ist die Ist-Situation? Was soll ein zukünftiges EIM-System für das Unternehmen leisten? Welche individuellen Rahmenbedingungen gibt es? Welche Rolle spielt Compliance? Dieser Bedarfsprüfung schließt sich die Abbildung aller relevanten unternehmerischen Prozesse an. Dazu kann es hilfreich sein, alle Protagonisten – also neben den genannten auch Mitarbeiter, Kunden und Dienstleister – mit einzubinden. Hier gilt es, die Menschen mitzunehmen, sie in den Veränderungsvorgang zu integrieren. Wenn diese sich in der späteren Lösung wiederfinden, werden sie mit der EIM-Plattform gern und somit auch erfolgreich arbeiten.
wm: Reichen da ECM- oder DMS-Lösungen als Software nicht mehr aus?
Bischoff: Ja und nein. Für Unternehmen, die von einem Papierarchiv mit großem Regallager für ihre Aktenordner auf schnelles und wendiges digitales Arbeiten umsteigen wollen, ist eine cloudbasierte Dokumentenmanagement-Lösung geeignet. Der Vorteil: Eine teure IT-Infrastruktur wird damit ersetzt und ohne großen Schulungsaufwand kann sofort jederzeit und überall griffbereit mit Dokumenten oder Akten gearbeitet werden. Wenn Standardfälle und Routineaufgaben in festgelegten Workflows von unterschiedlichen Sachbearbeitern abgewickelt, also Informationen mit einem vor allem internen Fokus verbunden und bereitgestellt werden sollen, wird die Entscheidung für eine innovative Software fürs Enterprise Content Management fallen. Geht es aber um die Einzelfallbearbeitung, das Einbeziehen der gesamten Wertschöpfungskette oder darum, die Datenströme aus Mobility, Social Media, Big Data und Cloud in den Griff zu bekommen, so greifen DMS und ECM zu kurz. Enterprise Information Management geht ein paar Schritte weiter. Unabhängig von der bestehenden IT-Umgebung schließt EIM die interne und externe Kommunikation sowie Informationsflüsse in der Zusammenarbeit – Stichwort Kollaboration – mit heterogenen Projektteams, Lieferanten und Kunden ein und macht diese effizienter. Es geht also um die Prozesse – und um die Menschen, die die Informationen eigenverantwortlich verarbeiten, anreichern und den jeweiligen Zielgruppen zur Verfügung stellen. Alles natürlich ganz im Sinne der Information Governance gemäß aktueller Datenschutzrichtlinien!
wm: Ist EIM also – provokativ gefragt – nichts anderes als ECM 2.0?
Bischoff: Wieder ein klares Jein. Definiert man EIM als um Kollaboration, Prozessorientierung und Kommunikation angereichertes ECM, so ist eine direkte Entwicklungslinie erkennbar. Aber EIM ist nicht alter Wein in neuen Schläuchen. Es steht für einen Wechsel der Perspektive: Während ECM für den Blick von unten nach oben steht – von Akten über Dokumente zu den Inhalten –, setzt EIM, wie gesagt, bei den Zielen der Unternehmen und ihren Bedürfnissen nach Information und Wissen an. Diese manifestieren sich in einer maßgeschneiderten Softwarelösung: nicht mehr daten-, sondern prozessorientiert, nicht mehr IT-getrieben, sondern von der Unternehmensführung gestaltet.
wm: Von der Akte zum Wissen, sozusagen?
Bischoff: Exakt. Wir beschäftigen uns mit vielen lebensnahen Fragestellungen aus dem Unternehmensalltag: Wie ist die Datenflut – in Akten, in Dokumenten, in Telefonnotizen und E-Mails sowie neuerdings auch in Sozialen Netzwerken – überhaupt noch zu bewältigen? Wie müssen Informationen angereichert werden, um einen Beitrag zum Prozessmanagement zu leisten? Und wie können sie möglichst gewinnbringend für die Wertschöpfungskette aufbereitet und nutzbar gemacht werden? Diese Fragen, das weiß ich aus vielen Anfragen und Beratungsgesprächen, beschäftigen sowohl das produzierende Gewerbe und deren Zulieferer als auch Dienstleistungsunternehmen und sogar Behörden.
wm: DMS, ECM und EIM sind also nicht auf einen Wirtschaftszweig beschränkt?
Bischoff: Weder auf die Branche noch auf die Unternehmensgröße! Überall ändern sich die Märkte stetig und schnell; die Kundenansprüche steigen. Nur umfangreiches Wissen über Markttrends, Kundenwünsche und Optimierungspotenziale führt zu Innovationen. Sei es in der Kundenansprache, in der Produktentwicklung oder in neuen Dienstleistungsformen. Da können wachstumsorientierte kleine Unternehmen von einem DMS, einer ECM-Software oder einer EIM-Lösung genauso profitieren wie der inhabergeführte industrielle Mittelstand oder Konzerne mit europaweiten Niederlassungen. Dass es mit Aktenschränken im Keller oder noch so gut sortierter Ordnerstruktur auf dem betriebseigenen Server nicht mehr getan ist, haben bereits viele Unternehmen erkannt. Sie wissen: Know-how entsteht aus Informationen und ihrer Vernetzung!
Quelle: https://www.wissensmanagement.net/zeitschrift/archiv/fachbeitraege/ausgabe/artikel/die_ressource_wissen_was_tun_wenn_sie_nur_verstreut_vorhanden_ist.html